Wie segelt man am schnellsten über den Atlantik?

Als Mika und ich heute am See baden waren, haben wir Motorboote dabei beobachtet, wie sie über das Wasser geschossen sind. Heute fahren die Leute in ihrer Freizeit mit Motorbooten, aber vor vielen Jahren hatten Boote und Schiffe noch keinen Motor. Da waren die Menschen auf die Kraft des Windes angewiesen, um die Meere zu überqueren und andere Kontinente zu erreichen. Viele der Reisen begannen in Spanien oder Portugal und führten nach Mittelamerika oder Brasilien, quer über den Ozean. Als wir da so am See saßen und uns die Boote anschauten, kam Kevin vorbei. Er erzählte mir von Geschichten über einige der berühmten Seefahrer wie Amerigo Vespucci, Christoph Kolumbus oder James Cook und wie diese damals nur mithilfe des Windes die Ozeane überquerten.

Die Reisen, zu denen sie starteten, dauerten oft Wochen und Monate. Der Proviant an Bord der Schiffe war aber nur für eine gewisse Zeit ausreichend und so mussten die Kapitäne versuchen, den Ozean so schnell wie möglich zu überqueren. Und das nur mit dem Wind als Antrieb und ohne moderne Navigationssysteme oder Wettervorhersage. Die Kapitäne mussten sich auf die Navigation mit den Sternen, sowie auf die genaue Beobachtung des Wetters und ihre Erfahrung verlassen. 

Da sie nur den Wind als Motor hatten, musste dieser so gut wie möglich ausgenutzt werden. So wie die Schiffe und Segel damals gebaut waren, erforderte es, dass der Wind von hinten (aus Achtern, wie man beim Segeln sagt) in die Segel blies. Das ist wie beim Fahrradfahren, wenn der Wind genau in den Rücken weht und man schneller fahren kann, ohne stärker in die Pedale treten zu müssen.

Für die Seefahrer bedeutete dies, dass sie für ihren Weg von Europa nach Amerika einen Wind benötigten, der aus Osten (von Afrika) nach Westen (Amerika) wehte. Die Portugiesen haben wohl als erste herausgefunden, welcher Weg über den Atlantik dafür am besten geeignet ist und bemerkten das schon im 15. Jahrhundert. Sie stellten fest, dass es zwischen dem Äquator und etwa 30° nördlicher Breite, einen nahezu konstanten Wind gibt, der sie zuverlässig über den Atlantik bringen konnte. Man kann sich diesen Wind wie ein Band aus Luft oder einen gleichmäßig fließenden Fluss vorstellen, der aber aus Luft und nicht aus Wasser besteht. Die genaue Position dieses Flusses verändert sich im Jahresverlauf und ist durch die Sonne bestimmt. Es ist so ähnlich wie mit den Jahreszeiten. Man kann sagen, dass wenn es auf der Nordhalbkugel Sommer ist, dann befindet sich das Windband etwas weiter nördlich, während es im Winter mehr in Richtung des Äquators wandert.

Als den Seefahrer diese Winde bekannt waren, haben sie diese möglichst immer genutzt. Da ihre Reisen meistens in Spanien oder Portugal starteten, segelten sie zuerst Richtung Süden, um das Windband zu erreichen. Häufig steuerten sie zuerst nach Afrika. Die Reisen von Europa nach Afrika und Amerika wurden für regen Handel genutzt. 

Deswegen nennt man im Englischen diese beständigen Winde auch die „trade-winds“, was man mit „Handels-Winde“ übersetzen kann. Im Deutschen sind sie als Passat-Winde bekannt. 

Die wichtigsten historischen Handelsrouten über den Atlantik.

Text: Kevin Wolf, Illustration: Patrizia Schoch

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